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Presseerklärung zu OGH-Urteil März 2008

Veröffentlicht von Matthias Wittmann in Pressespiegel am 6. März 2008

Hinter der Entscheidung des OGH, einem Kärntner Elternpaar wegen einer angeborenen schweren Behinderung ihres nun sechseinhalbjährigen Kindes (Hydrocephalus, Wirbelsäulendefekt, Klumpfüsse), welche in der gynäkologischen Risikoambulanz bei einer Schwangerschaftsuntersuchung per Ultraschall nicht entdeckt worden war, als Schadenseratzleistung rückwirkend und auch künftig vollen Unterhalt zuzusprechen, steht offensichtlich die bedenkliche Philosophie, dass Eltern einen Anspruch – ja das Recht auf ein gesundes Kind haben. Ein solches ist jedem Paar zu wünschen. Jeder Arzt wird sich darum bemühen, sein Bestes zu tun, um diesen Wunsch zu verwirklichen. Sollte jedoch ein Kind krank oder behindert sein, ohne dass ärztliches „Verschulden“ im Sinne einer Schädigung oder Verletzung des Kindes durch den Arzt bzw. einer unterlassenen oder falschen Therapie vorliegt, so darf sich nicht aus der enttäuschten Hoffnung auf ein gesundes Kind ein Anspruchsdenken im Sinne von Schadenersatzforderungen entwickeln !

Weiters haben Eltern eines behinderten Kindes – juristisch betrachtet – nicht das Recht auf eine Spätabtreibung. In Österreich handelt es sich bei jeder Abtreibung – auch aus medizinischer Indikation – um ein strafrechtliches Delikt, welches lediglich straffrei gestellt ist. Eine Abtreibung ist kein Bestandteil ärztlicher (Heil-)Kunst, kein Therapieverfahren – sie ist lediglich straffrei, wenn sie von einem Arzt durchgeführt wird, wobei dieser zu diesem Eingriff nicht gezwungen werden darf. Dieser darf auch die Durchführung einer Abtreibung ablehnen. (s.StGB §96 u. §97)

Die übersehene Diagnose mag noch so folgenschwer wie tragisch sein: Es handelt sich weder um eine aktive Schädigung eines zuvor gesunden Kindes durch eine Fehlhandlung eines Arztes, noch um eine Verzögerung einer möglichen Therapie. Das Ausbleiben der Diagnose hatte zur Folge, dass ein Mensch – wenn auch schwer behindert – lebt und nicht abgetrieben wurde. Es wurden dadurch lediglich zwei „Schein-Rechte“ verletzt: das auf ein gesundes Kind sowie jenes auf Abtreibung eines behinderten Föten … beide sind nicht im Österreichischen Gesetz verankert !

Ein behindertes oder krankes Kind kann per se kein „Schadensfall“ sein – es ist eine gewaltige Herausforderung (aber oft auch eine große Bereicherung) für die Eltern und Familie aber auch für das Umfeld, ein Gradmesser für Humanität und Menschlichkeit, ein Mensch, der sich nicht dem Leistungsstreben und Profitdenken unserer Gesellschaft unterwerfen kann und muss. Es ist aber vor allem und unumstößlich ein Mensch, der trotz aller Behinderung ein Recht auf Leben und würdevolle Behandlung hat !

Die Tragweite einer solchen OGH-Entscheidung für den medizinischen Alltag – insbesondere hinsichtlich Schwangerschaftsuntersuchungen sind zu erahnen: Angesichts einer derartigen Rechtssprechung werden Gynäkologen dazu angehalten, im auch noch so geringen Zweifelsfall für eine Abtreibung zu plädieren und so eine Absicherungsmedizin zum Nachteil gesunder Kinder und deren Eltern zu betreiben.

Betont der Vizepräsident des OGH Ronald Rohrer, dass „die Entscheidung keinesfalls als Differenzierung zwischen behinderten und nicht behinderten geborenen Kindern zu sehen ist“, so definiert sich der „Schaden“ in diesem Fall folglich durch die Existenz eines Menschen, der in dieser Form von den Eltern nicht erwünscht war. Als Ärzte können wir nicht akzeptieren, dass in ethisch höchst problematischer Weise zwischen „schadhaftem“ und „nicht-schadhaftem“ Leben von einem österreichischen Höchstgericht differenziert wird !

Dr. Florian Baumgartner
für das
Salzburger Ärzteforum für das Leben


Das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ ist eine unabhängige, überparteiliche, überkonfessionelle Initiative. Es wurde im Jahr 2004 gegründet und wird mittlerweile von 332 Salzburger Ärztinnen und Ärzten aus allen Fachbereichen der Medizin unterstützt. Als Ärzte, die sich dem Hippokratischen Eid verpflichtet fühlen, wollen wir dem Leben dienen und können selbst keine Schritte gegen dieses setzen. Ausgehend von diesem Verständnis unseres Berufsethos eint uns die Sorge um die zunehmende Bedrohung menschlichen Lebens in unserer Gesellschaft. Wir sehen unter anderem darin unsere ärztliche Berufung und Verantwortung, dieses Leben von Beginn bis zu seinem natürlichen Ende zu schützen und diese Meinung auch öffentlich zu artikulieren.

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